Traumaverarbeitung

 

Sein Unglück

 

ausatmen können

 

tief ausatmen,

 

so dass man wieder einatmen kann.

 

Und vielleicht auch

 

sein Unglück sagen können

 

in Worten

 

in wirklichen Worten,

 

die zusammenhängen

 

und Sinn haben

 

und die man selbst noch

 

verstehen kann

 

und die vielleicht sogar irgendwer sonst

 

versteht

 

oder verstehen könnte

 

und weinen können

 

 

 

Das wäre schon

 

fast wieder

 

Glück.

 

 

 

Erich Fried

 

 

 

 

Die meisten Menschen erleben im Verlauf ihres Lebens eine starke seelische Erschütterung, was PsychologInnen als „Trauma“ bezeichnen: Jemand ist zum Beispiel überfallen worden, hatte einen Autounfall, wäre fast ertrunken, erlebte körperliche oder sexuelle Gewalt oder hat als Kind schon häusliche Gewalt erlebt, erlebte eine sehr schwere Geburt, eine Fehlgeburt oder Todgeburt, hat die Trennung der Eltern oder den Tod eines geliebten Menschen erlebt, ist im Krieg oder bei einer Naturkatastrophe oder bei einer Operation fast zu Tode gekommen,… die Liste ließe sich fortsetzen.

 

Ein Schutzmechanismus ist, dass schwere Traumata den Menschen manchmal nicht bewusst sind. Wenn sie jedoch nicht verarbeitet sind, dann „sitzt“ dieser Stress in Körper, Geist und Seele und die Empfindungsfähigkeit, die Gedankenmuster und das Verhalten werden beeinträchtigen. Ein chronischer Dauerstress kann krankmachende Folgewirkungen haben wie z.B. Bluthochdruck, Verstopfung, Diabetes, einen erhöhten Cholesterinspiegel, Herzinfarkt usw.

 

Traumatische Erlebnisse werden nicht einfach vergessen: Unser Gehirn hat sie gespeichert und erinnert uns noch viele Jahre später daran! Und wir reagieren mit der Gefühlsintensität, wie zu dem Zeitpunkt des erlebten Traumas. Unerwartet reagiert ein Mensch auf eine scheinbar belanglose Situation mit einem starken Gefühl wie Angst, Wut, Trauer, Schuld, Scham, Ekel oder dem Gefühl „irgendwie gar nicht anwesend zu sein“. Ohne zu wissen warum! Auslöser hierfür sind sogenannte „Trigger“, das kann alles mögliche sein: ein bestimmtes Geräusch sein, ein Geruch, ein Geschmack, möglicherweise auch die Art und Weise, wie jemand uns zuhört, mit uns spricht, welche Worte er/sie verwendet, wie er/sie lächelt usw.

 

Ein Trauma ist ein als überwältigend erlebtes Ereignis, das unsere Verarbeitungskapazitäten übersteigt. Das Gehirn schaltet in ein Notfallprogramm um, welches das Überleben sichert, das Erlebte aber nicht integriert. Dies kann in der Folgezeit zu Belastungen führen. Die Verarbeitung muss dann „nachgeholt“ werden. 

 

Dieses „Nachholen“ kann in einem achtsamen therapeutischen Setting geschehen. 

 

Wir arbeiten zunächst daran, dass Sicherheit und Stabilität wieder erlebbar und sicher abrufbar sind. Erst dann kann eine achtsame und vorsichtige Integration des Traumas beginnen. Integration heißt: in einem achtsamen Pendeln zwischen Trauma-Erinnerung und dem gut Verankert-Sein im sicheren Hier & Jetzt werden die Trauma-Erinnerungen in unserem biographischen Gedächtnis abgelegt. Sie sind nun „normale“, wenn auch unschöne oder schmerzhafte Erinnerungen. Wenn ich mich jetzt daran erinnere, dann weiß ich, dass ich heute hier, und in Sicherheit bin. Vergangenes  kann Vergangenheit werden.